Beispielbrief einer Lehrkraft
Liebe:r Schüler:in,
Über das mentale Wohlbefinden zu sprechen, ist keine einfache Aufgabe. Es betrifft uns alle, manchmal bewusst, manchmal unbewusst. Oft wird das Thema erst dann angesprochen, wenn das Wohlbefinden bereits fehlt. Und genau dann scheint die Hürde, um Hilfe zu bitten, besonders hoch. Es passiert jedem von uns, dass wir uns manchmal in unseren eigenen dunklen Ecken verlieren... Wie schön wäre es, wenn jemand das Licht für uns einschalten könnte. Und wie schön wäre es, wenn wir danach selbst wüssten, wie wir das Licht wieder einschalten können. Als Lehrer können wir dich ein Stück weit begleiten und hin und wieder das Licht für dich anmachen.
Liebe:r Schüler:in,
Ich glaube fest daran, wie wichtig es ist, sich im Klassenzimmer mental wohlzufühlen, um sinnvoll an Fähigkeiten und Wissen arbeiten zu können. Es geht nicht darum, Knoten im Kopf zu lösen, sondern oft darum zu erkennen, dass sie da sein dürfen – akzeptiert, so wie jemand mit blauen Haaren, über den auch niemand etwas sagt: „Blaue Haare, so bist du eben.“ Sicherheit bedeutet, zu wissen, dass dein Sein, deine Worte, deine Ansichten hier sicher sind, dass sie ohne Verurteilung geäußert werden dürfen. Genauso kannst du von mir wissen, wo meine Schwachstellen liegen, nämlich nicht als Lehrerin akzeptiert zu werden, meinen Job mit euch nicht machen zu können. Das führt bei mir zum Gefühl von Ablehnung, Erniedrigung – einer Art Verurteilung.
Lernen = gleichbedeutend mit dem Öffnen meines Seins, in aller Verletzlichkeit, um Neues zuzulassen.
Das ist kein Aufruf, deinen Rucksack auf Befehl hier und jetzt zu öffnen. Lass es im Laufe unseres Lernprozesses geschehen...
Liebe:r Schüler:in,
Du bist in der Schule, um zu lernen, und dazu gehört auch, Fehler zu machen. Bei mir brauchst du keine Angst zu haben, Fehler zu machen oder Fragen zu stellen. Versuche zu verstehen, dass die weiterführende Schule nur ein kleiner Teil deines Lebens ist. In dieser Zeit, zusammen mit der Grundschule, machst du enorme Fortschritte, nicht nur kognitiv. Es ist auch wichtig, dass du dich nicht mit deinen Mitschülern vergleichst, sondern mit dir selbst. So wirst du dein eigenes Wachstum deutlicher erkennen. Als Lehrer/in versuche ich, dich bestmöglich in diesem Wachstum zu begleiten. Außerdem möchte ich, dass du weißt, dass ich für dich da bin, falls du ein Problem hast.
Liebe Schüler:innen,
Wie geht es euch heute?
Wie war euer Morgen/Vormittag/Nachmittag bisher?
War der Bus/Zug pünktlich? Oder hattet ihr einen stressigen Start in den Tag?
Hoffentlich könnt ihr euch jetzt in der sicheren Umgebung meines Klassenzimmers einfinden.
Vergesst für eine Weile eure Sorgen und konzentriert euch darauf, was ihr lernen werdet.
Ich werde mein Bestes tun, um alles so angenehm wie möglich zu gestalten.
Neben meinem Lehrauftrag möchte ich immer ein offenes Ohr für euch haben und euch nach Möglichkeit helfen, denn ich sehe euch und kümmere mich bedingungslos als Lehrkraft um euch.
Ich möchte euch sagen, dass es mir idealerweise wichtig ist, dass ihr euch jederzeit sicher fühlt und ihr selbst sein könnt, egal wie schwierig es manchmal ist. Jeder von uns ist auf der Suche nach sich selbst, und hoffentlich hilft euch die Dynamik in der Klasse, euch schneller zu entdecken. Zusammenarbeit ist der Schlüssel, 1+1=3. Eure Individualität ist das größte Geschenk, das ihr geben könnt. Ich möchte euch sowohl in eurer Verletzlichkeit als auch in eurer Stärke begegnen.